Volksstimme vom 30. Juni 2021

Mord im Magdeburger Museum

Hobby-Autorin Sylvie Braesi hat bereits 14 Frauen und 42 Männer unter die Erde gebracht. Natürlich nur auf dem Papier. Von der Leidenschaft am schriftlichen Morden.

Von Lena Kaltenbach, 30.06.2021, 15:37 • Aktualisiert: 30.06.2021, 16:15

Leichenfund auf dem Werder? Malum Concilium" ist der zweite Band der Magdeburg-Krimi der Autorin Sylvie Braesi.

Foto: Lena Kaltenbach

Magdeburg - Wenn Sylvie Braesi über ihre Figuren spricht, umspielt ein Lächeln ihren Mund. Und die Begeisterung in ihrer Stimme ist nicht zu überhören. Die Frau mit den rotgefärbten Haaren und dem verspielten, blau-geblümten Oberteil widmet sich in ihrer Freizeit nichts lieber als komplexen und brutalen Mordfällen. Die 61-Jährige schreibt Kriminalromane. Die kniffligen Fälle ihres neuen Werks hat die gebürtige Magdeburgerin in ihrer Heimatstadt angesiedelt.

Die gelernte Heimerzieherin hat schon immer gern geschrieben und sich den Traum vom eigenen Buch 2018 einfach selbst erfüllt. Mittlerweile hat sie sieben Bücher im Selbstverlag veröffentlicht.

Wer will denn sowas vor der Haustür haben?“, dachte sie sich bei ihrem ersten Buch noch und ließ Privatdetektiv Knox in Manhattan ermitteln. Atemberaubende Kriminalfälle mitten in Magdeburg? Der Gedanke ließ Braesi aber nie ganz los. „Tod auf der Elbe statt auf dem Nil, wie hätte das wohl ausgesehen?“, fragte sie sich immer wieder.

So entstand zusammen mit Autorenkollegin A. W. Benedict die Idee für den Sammelband „Magdeburger Mord(s) geschichten“, in den auch Kurzgeschichten wie „Der Hund von Ottersleben“ oder „CSI: Texas“ ihren Weg hineinfanden – eine Magdeburger Hommage an die berühmtesten Fälle der Kriminalliteratur.

Ein abgetrennter Kopf im Technikmuseum führt in die Lukasklause und Johanniskirche

Einer, der dabei in Braesis Geschichten immer wieder auftauchte, war Kommissar Martin Winkler. Für Braesi wurde klar: „Okay Junge, ich hab es begriffen. Du kriegst deinen eigenen Krimi.“

Mit „Horror Vacui“ veröffentlichte sie 2020 ihren ersten Magdeburg Krimi. Ein abgetrennter Kopf im Technikmuseum führt Winkler bei seinen Ermittlungen zur Lukasklause oder in die Johanniskirche.

Wenn Braesi heute durch die Stadt läuft, gehe ihr ständig durch den Kopf, wo überall ein Verbrechen passieren könne. „Magdeburg inspiriert mich“, erzählt sie. Ihr zweiter Winkler-Krimi „Malum Concilium“ dreht sich um einen Leichenfund auf dem Werder.

Die fiktionalen Elemente ihrer Verbrechen mischen sich in den Romanen mit historischen Ereignissen und Fakten. Für die Recherche erkundigt sich Braesi ausgiebig über die Schauplätze ihrer Geschichten. Viele Stunden verbrachte sie für „Horror Vacui“ im Technikmuseum, sprach mit Gerichtsmedizinern und informierte sich genauestens über das berühmte Experiment von Otto von Guericke, welches im Roman eine grausige Rolle einnimmt. Mit Stulle kauenden Ermittlern am Tatort kann sie nichts anfangen. „So echt wie möglich“ soll es sein.

Ich entscheide, wer lebt oder stirbt.“

Leben kann sie von ihren Krimis nicht, aber als Self-Publisher hat sie die Freiheiten über ihren Text, Covergestaltung und mögliche Fortsetzungen. Besonders toll: „Ich entscheide wer lebt oder stirbt“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.

Knapp 20 Euro zahlt sie für eine ISBN-Nummer, somit sind ihre Bücher Online und in allen Buchhandlungen bestellbar. In Magdeburg selbst finden sich auch Exemplare in der Regionalecke großer Buchhandlungen. Am Anfang hat sie die Handlung immer nur grob skizziert. „Ich weiß, was passiert, aber nicht, was auf dem Weg dahin passiert“, erklärt sie ihr Vorgehen. Manchmal würden Nebenfiguren auftauchen, die sich zu echten Lieblingscharakteren entwickeln. „Vielleicht eine kleine Spinnerei“ gibt sie zu, aber manchmal träumt sie davon, welche Schauspieler für eine Verfilmung in Frage kämen („Woody Harrelson! Definitiv“).

Von Hollywood ist sie zwar weit entfernt, aber letztendlich schreibt sie aus Leidenschaft. Und das eigene Buch in den Händen zu halten, sei ein unglaubliches Gefühl. „Ich weiß, dass ich nicht jeden damit erreichen kann“, sagt Sylvie Braesi. „Aber ich schreibe, solange mir etwas einfällt, und auch, weil es einige Leute gibt, die es interessiert. Wenn ich auch nur 1000 Bücher verkauft habe, dann ist das für mich viel.“

Eine kleine Fangemeinschaft hat sich die Autorin durch ihre Website oder Lesungen in Bibliotheken und Buchhandlungen schon aufgebaut. Das größte Kompliment sei es, wenn Leser auch den Nachfolgeband einer ihrer Bücher kaufen wollen. Sie selbst ist großer Fan davon, bekannten Figuren wiederzubegegnen. Sie schreibt bereits fleißig an Band drei der Magdeburg-Krimireihe. Und auch ein Ableger ist bereits erschienen. Außerdem ein weiterer Sammelband voller Magdeburger Mord- und Spukgeschichten ist in Planung. Und seit letztem Jahr widmet sich Sylvie Braesi auch einem ganz anderen Genre: Lyrik. In vielen Gedichten geht es um große Gefühle und die Liebe. Braesis größte Liebe aber sind die Krimis. Daher kann sie es kaum erwarten, sich wieder an den dritten Band zu setzen und verabschiedet sich beim Gespräch mit den Worten: „Jetzt wird erst mal wieder gemordet.“